Ganzheitliche Orthopädie und Präventivmedizin
in Tübingen

Was hat mein Tennisarm mit meinen Darmbeschwerden wie Blähungen und Stuhlunregelmäßigkeiten zu tun? Welcher Zusammenhang besteht zwischen meinem Fersensporn und meinem beim Abrollen schmerzhaften Großzehengrundgelenk? Warum tritt meine Migräne mit Nackenschmerzen in Zusammenhang mit Schwitzen und Darmblähungen auf?
Es gibt Patienten, die haben trotz hartnäckigem Golferarm noch nie einen Golfschläger in der Hand gehabt. Ihre letzte Darmspiegelung beim Gastrenterologen war trotz ständigem Völlegefühl und Blähungen unauffällig.

Um solche Fragen beantworten zu können, muss man sich mit ganzheitlicher Orthopädie beschäftigen, die sowohl die moderne Universitätsmedizin als auch die klasssischen westlichen Naturheilverfahren incl. amerikanischer osteopathischer und manualtherapeutischer Medizin, die moderne biomechanische Laufmedizin nach Perry sowie die Traditionelle Chinesischen Medizin (TCM) umfasst.

Ganz am Anfang steht eine ausführliche Anamnese sowie eine umfangreiche klinische Untersuchung, die den gesamten Körper incl. Wirbelsäulenhaltung, Gang, Beckenstellung, variable Beinlängendifferenz, Wirbelsäulenstatik, Stellung und Beweglichkeit der Gelenke, Fußform, Abrollverhalten der Füße beim Gehen, Faszien- und Muskelverspannungen, Muskelketten, druckdolente Akupunktur- und Triggerpunkte, blockierte Dorn-Wirbel, Zungendiagnostik, Beurteilung der Augen und Schleimhäute, Bauchorgane, insbesondere Zwerchfell und Beckenboden, Rektusdiastase sowie Reflexzonen nach Mc.Kenzie, Fitzgerald und Hanne Marquardt erfasst.
Die typische Beckenverwringung kommt in der Regel durch eine M. piriformis-Verkürzung rechts und eine M. ileopsoas-Verkürzung links zustande.

Erst nach dieser umfassenden Betrachtung des Körpers kann eine ganzheitliche Diagnose gestellt werden, die sowohl die moderne westliche Medizin als auch die 3000 Jahre alte TCM umfasst.

Liegt z.B. eine Dickdarm-Dysbiose (Veränderung der Anzahl und der Diversifikation der zahlreichen Dickdarmkeime), die endoskopisch nicht vom rein schulmedizinisch ausgebildeten Gastroenterologen erfasst wird, führt dies zu den klassischen Blähungen mit Stuhlunregelmäßigkeit, häufigem Schwitzen und Süßhunger. Nicht selten besteht ein latenter Diabetes mellitus. Der Bauch ist oft gebläht und es kommt sekundär wegen des erhöhten intraabdominellen Drucks zu einer Rektusdiastase mit Nabelhernie. Das Becken ist häufig nach vorn gekippt. Die Patienten haben gegenüber den Nieren-Typen viel Power und fallen durch hohe berufliche Aktivität auf.
Es wird somit auch das Wesen des Menschen bei der klinischen Untersuchung immer mitbetrachtet.

Nach den klassischen westlichen Naturheilverfahren (NHV) werden die Gärungsprodukte aus dem Darm insbesondere nachts über die Pfortader in die Leber transportiert, die hierdurch überlastet wird und vermehrt Gallenstoffe ausscheidet. Es kommt so zu einer Gallenstauung und nicht selten zur Ausbildung von Gallensteinen.

In der TCM spricht man dann von einem erhöhten Gallenblase (Gb) / Leber (Le) -Yang bei Milz-Pankreas (MP) – Schwäche, dem korrespondierenden Ying (taoistisches Weltbild). Im Dickdarm (Di) besteht eine Energieflussstörung (Di-Qi-Stagnation).

In der alten chinesischen Medizin steht die Gb mit den Sehnen und die Le mit den Muskeln in Verbindung. Diese sog. Funktionskreise spielen in der Medizin des Bewegungsapparates eine sehr wichtige Rolle. Der Funktionskreis Niere (Ni) hingegen korrespondiert mit dem Knochen.
Durch ein erhöhtes Le-Yang kommt es daher zu Muskelverspannungen und durch den Funktionskreis Gb zu Insertionstendopathien (Entzündung der Sehnenansätze) sowie zu Sehnenerkrankungen wie z.B. auch Sehnenscheidenentzündungen. Die Insertionstendopathien entwickeln sich in der Regel durch vermehrten Zug in den Muskelketten und Ansatzentzündungen im Bereich der Sehnenansätze der Knochen. Diese Muskelketten entsprechen in der TCM Meridianen, in denen ein Energiefluss (Qi) herrscht. An den Entzündungsstellen kommt es zu einer Energieflussstörung, man spricht auch von Qi-Stagnation. Beim Tennisarm kommt es z.B. zu einer Qi-Stagnation im Dickdarm (Di)-Meridian. Beim Golferarm ist dagegen der Dünndarm (Dü) -Meridian betroffen. Feingeweblich besteht dort jeweils eine sog, „Insertionstendopathie“, die US-Amerikaner bezeichnen dies als „mukoide Degeneration“.

Das gleiche Prinzip besteht am Fersenbein, das physikalisch eine Umlenkrolle darstellt. Tritt das Problem vor der Rolle auf, sprechen wir von „Achillodynie“ oder auch „oberem Fersensporn“, nach der Rolle von „unterem oder plantarem Fersensporn“.

Unter Anspannung der Plantarfaszie entsteht am plantaren Calcaneusbereich ein klassischer plantarer Fersensporn, der aus biomechanischer Sicht durch einen „Hallux rigidus“ ausgelöst wird. Gerade hier sehen wir aus ganzheitlicher orthopädischer Sicht eine unmittelbare Verbindung zur klassischen physikalischen Laufmedizin nach Perry.

Beim Abrollen des Fußes unterscheidet Perry 3 typische Phasen: Dämpfungsphase des Rückfußes, Standphase des Mittelfußes, Abrollphase des Vorfußes.

Was den plantaren Fersensporn angeht, ist die dritte Phase, die Abrollphase, entscheidend. Normalerweise verläuft die Ganglinie (= biomechanische Schwerpunktlinie) über das Großzehengrundgelenk. Besteht ein Hallux rigidus (rigides Großzehengrundgelenk), weicht die biomechanische Ganglinie zur Fußaußenseite ab und verläuft über den Fußaußenrand, wo sich dann häufig Druckstellen sowie ein Digitus quintus varus (Pendant zum Hallux valgus) entwickelt.

Durch die lateralisierte Ganglinie kommt es im Bereich des Ansatzes der Plantarfaszie zu einer Querkraft. Physikalisch können Sehnen normalerweise Kräfte nur in Längsrichtung aufnehmen. Treten dagegen Querkräfte am Sehnenansatz auf, so entsteht dort die o.g. mukoide Degeneration und somit eine entzündliche Reaktion. Auf längere Sicht zeigt sich als radiologisches Korrelat eine Verknöcherung im Bereich des Sehnenansatzes (Spornausbildung). Die Schmerzen ruft dabei nicht der Sporn, sondern die entzündliche Reaktion hervor.

Aus manualtherapeutischer und ostepathischer Sicht weiß man, dass der Fersensporn eng mit Fehlstellungen des Atlas und Kreuzdarmbeingelenkes (SIG) korreliert. In der TCM entspricht der Atlasquerfortsatz genau dem Akupunkturpunkt Gb20.

Genau hier beim plantaren Fersensporn sehen wir exemplarisch die enge Verbindung zwischen westlicher klassischer Medizin (Radiologie, Chirurgie), manualtherapeutischer und osteopathischer Medizin (Blockierung des Atlas und SIG, verkürzte Fascia plantaris), westlicher
moderner Naturheilkunde (Di-Dysbiose, Gb/Le-Überlastung), TCM (Sehnenbeteiligung bei erhöhtem Gb-Yang) und Biomechanik (lateralisierte Ganglinie).

Dieses ganzheitliche Denken wenden wir beim Einsatz ganzheitlichen therapeutischer und präventiver Maßnahmen an:
Manuelle Therapie, Fasziendehnungen durch MET/MRT und Matrixtherapie nach Randoll, Triggerpunktbehandlung durch spineliner, viscerale osteopathische Therapie, counter strain – technic nach Dr. Jones, Dorn-Therapie (Th4/Gb, Th5/Le, L1/Di), Akupunktur, US/Elektrotherapie-Simultanverfahren, Stosswellentherapie, (Sport)einlagenversorgung, Ernährungsberatung, Versorgung mit sensomotorischen/neurophysiologischen Sohlen zur Stimulation von osteopathischen Muskelketten.

Die Möglichkeit der ganzheitlichen Behandlung häufiger orthopädischer Beschwerden haben wir seit vielen Jahren regelmäßig beobachtet.
Es handelt sich hierbei um keine vorübergehende „Systemkuriererei“, sondern um ein nachhaltiges, den ganzen Körper umfassendes diagnostisches und therapeutisches Verfahren.

Wir können somit verstehen, warum z.B. der Tennisarm oder der plantare Fersensporn mit den WS-Blockierungen bzw. dem Dickdarm zusammenhängen. Es spielt gerade auch die Ernährung bei der Prävention dieser Krankheitsbilder eine wichtige Rolle. So verstärken sich diese z.B. durch vermehrte Zufuhr von kurzkettigen Kohlenhydraten sowie Rohkost zur Nacht. Wie Are Wareland uns bereits mitteilte, hängen viele Krankheiten mit der Lebensführung zusammen und können durch eine Veränderung des Lifestyles langfristig geheilt oder zumindest gebessert werden.

Diese Ganzheitlichkeit wurde bisher leider nur von wenigen Kollegen erkannt, da wir Ärzte alle nach wie vor an der Universität fachspezifisch und nicht ganzheitlich ausgebildet werden. Das hierzu notwendige Wissen wurde durch viele Kurse, Fortbildungen, Hospitationen, das Studium von Fachliteratur und die mittlerweile über 25-jährige Beobachtung und Therapie meiner Patienten erworben.