Kinderfüße unterscheiden sich aus anatomischer und insbesondere biomechanischer Sicht deutlich von unseren Erwachsenenfüße.
Sie stecken noch im Kindesalter in einem Entwicklungsstadium. Weil das später knöcherne Fußskelett in der Kindheit zumeist noch knorpelig angelegt ist, sind sie elastisch und somit stark verformbar. Deshalb passen sie sozusagen in jeden Schuh.
Erst später mit zunehmendem Wachstum verfestigen sich die knöchernen Strukturen. Durch die sich zusätzlich allmählich aufbauende Muskulatur am Fuß und an den Unterschenkeln bildet sich eine leistungsfähige Basis für den Gesamtkörper aus.
Füße einer 18-jährigen Ballerina
Die meisten Kinder werden mit physiologischen Füßen geboren.
Therapiebedürftige angeborene Fußfehler wie Sichelfüße, Klumpfüße usw. sind eher selten.
Dagegen können bei jedem 3. Erwachsenen die Füße als pathologisch eingestuft werden. Die krankhaften Veränderungen zeigen sich in vermehrtem Längsgewölbe (Hohlfuß), abgesenktem Längsgewölbe (Senkfuß) und abgesenktem Quergewölbe (Spreizfuß) mit Krallen- und Hammerzehenausbildung. Häufig sehen wir bei unseren Patienten bei verkürzter Plantarfaszie Ballenhohlfüße.
Nicht wenige dieser Deformitäten werden primär bereits im Kleinkindalter durch falsches Schuhwerk hervorgerufen.
Bild 2: Ballenhohlfuß beim Erwachsenen
Knicksenkspreizfuß beim Erwachsenen
Unser Ziel in der Orthopädie ist es daher, dies möglichst durch optimal passende Kinderschuhe und insbesondere häufiges Barfuß- oder auch Strümpfiggehen, was die physiologische Muskelausbildung verbessert, zu verhindern.
Kinder haben aus neurologischer Sicht kein Flächendruckempfinden. Das macht den Schuhkauf bei Kindern so schwierig. Sehr oft sind deshalb bei Kindern die Schuhe viel zu kurz. Sie ziehen einfach die Zehen dauerhaft an, um vorn nicht anzustoßen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass fast jedes 3. Kind zu kurze Schuhe trägt.
Die Füße sollten daher vor dem Schuhkauf unbedingt vermessen werden. Früher wurden hierzu sogar Röntgenstrahler benutzt, was wegen hoher Röntgenstrahlung selbstverständlich heute untersagt ist.
Die Schuhe und Kinderfüße sollten außerdem von den Eltern regelmäßig überprüft werden. Hierbei sollte man insbesondere auf Rötungen oder gar Druckstellen am Innen- und Außenballen, sowie an den Zehengelenken, Zehenkuppen und im Fersenbereich achten.
Keineswegs darf man sich beim Schuhkauf nicht allein auf die Größenkennzeichnung auf den Kinderschuhen verlassen, weil die Schuhgrößen leider nicht exakt normiert sind. Entscheidend ist unbedingt die vorliegende Innenlänge, die stets zu dem kindlichen Fuß passen sollte.
Bei unpassenden Kinderschuhen können folgende Probleme auftreten:
– zu kurzer Innenschuh: dauerhafte Stauchung der Zehen und dadurch Ausbildung von Krallen- bzw. Hammerzehen
– zu enger Schuh: Bewegungsbehinderung, Durchblutungsstörungen
– zu spitzer Schuh: Pferchung der Zehen, vermehrter seitlicher Druck
– zu weiter Schuh: besonders beim Bergabgehen rutscht der Fuß nach vorn und führt zu einer Zehenstauchung
Hierdurch erworbene Fußschäden (Deformitäten, Muskelschwäche) treffen in der Regel zunächst den Vorfuß. Die Veränderung zeigt sich zunächst an den Zehen und geht dann auf den Mittelfuß über.
Durch die biomechanische Wirkungskette treten bei vielen Jugendlichen schließlich durch falsche Kinderschuhe später im fortschreitenden Alter Folgeschäden am gesamten Bewegungsapparat auf (biomechanische Kette: Fuß-Unterschenkel-Knie- Hüfte-Becken-Wirbelsäule-Kopf).
Dies sollte aus präventionsmedizinischer Sicht stets berücksichtigt werden.
Gerade Kinderfüße mit gleicher Länge können unterschiedliche Formen haben. So existieren schlanke, breite, flache und voluminöse Formen.
Der Schuh sollte im Ballen-, Spann- und Fersenbereich ausreichenden Halt geben.
Dies alles muß beim Kinderschuhkauf unbedingt berücksichtigt werden.
Viele Kinderschuhe beinhalten eine herausnehmbare Einlegesohle. Hier kann der Orthopädieschuhmacher dann eine individuell gefertigte Einlage nach biomechanischer Pedographie im Biomechaniklabor im Austausch optimal einpassen.
Dies sollte jedoch nicht zu früh geschehen, um dem Kind die Möglichkeit zu geben, selbst ausreichend unter fußorthopädischer Überwachung eine physiologische Muskulatur am Fuß und Unterschenkel auszubilden.
Bei stärkeren statischen und dynamischen orthopädischen Beschwerden in den Füßen, am Unterschenkel, Knie- und Hüftgelenken sowie der Wirbelsäule müssen dann dennoch individuelle Einlagenversorgungen durchgeführt werden.
Orthopädische Schuheinlagen
Durch regelmäßige Kontrolle der Kinderfüße und den regelmäßigen Kauf korrekt passender Kinderschuhe könnte dies später jedoch häufig verhindert werden.
„Alle Menschen tragen ihren eigenen Arzt in sich.
Sie kommen zu uns, ohne diese Wahrheit zu kennen.
Wir sind dann am erfolgreichsten, wenn wir den Arzt,
der in jedem Menschen steckt, die Chance geben,
in Funktion zu treten.“
(Albert Schweitzer)